Spielen könnt ihr zu Hause!


Zugegeben, es ist schon ein paar Tage her. Aber als ich kurz vor meinem Uni-Abschluss stand, da war die Lektüre der wöchentlich erscheinenden Jobangebote absolute Pflicht für mich. Die Jobsuche funktionierte zu jener Zeit noch primär offline, sozusagen analog. Per Zeitung eben! Nach einigen Wochen intensiverer Lektüre der Stellenanzeigen konnte ich dann feststellen, dass viele dieser Angebote einen bestimmten Modebegriff immer wieder aufgriffen. Alle suchten sie, alle wollten sie haben: „Querdenker“.

 

Niemand wusste allerdings zu sagen, was genau denn so einen Querdenker ausmachte. Geschweige denn, wozu man Querdenker überhaupt suchte. „Querdenker aller Länder, vereinigt euch!“ – hätte man da rufen mögen. Wobei ich allerdings stark bezweifle, dass überhaupt eines dieser Unternehmen Querdenker wirklich haben wollte. Bei meiner ersten Stelle im Handel war das bestimmt keine Option, denn: „Spielen könnt ihr zu Hause, da gibt es eine klare Anweisung und dazu gibt es keine Alternative!“ habe ich jetzt noch die Worte eines meiner Vorgesetzten im Ohr. Wirklich kein Spaß!

 

Später stellten die Jobpostings dann das beinahe ausnahmslos tolle Betriebsklima in den Mittelpunkt ihrer Mitarbeiterwerbung. Vom klassischen „angenehmen Betriebsklima“ bis hin zum ausgesprochenen „Teamspirit“ war und ist alles dabei. Was beim Fußball noch funktionieren mag („11 Freunde müsst ihr sein“), das wird in aller Regel in beruflicher Hinsicht aber schnell an Grenzen stoßen, nämlich im Großraumbüro, an der Uni, in der Werkstatt oder auf der Baustelle.

 

Ich habe zudem den Eindruck, dass das tatsächliche Betriebsklima eher negativ mit dem nach außen hin beschriebenen Miteinander korreliert. Also: Je schlechter das tatsächliche Miteinander, desto mehr Betonung wird in der Öffentlichkeitsarbeit auf ein „angenehmes Betriebsklima“ gelegt. Unternehmen mit einem grundsätzlich ordentlichen Betriebsklima müssen dies nicht öffentlich herausstellen. Auch der Umgang mit Konflikten gehört da dazu. Konflikte werden in solchen Unternehmen weder aufgebauscht, noch unter den Teppich gekehrt oder künstlich kleingeredet.

 

Yanis Varoufakis, der frühere griechische Finanzminister, wurde anlässlich einer Podiumsdiskussion einmal gefragt, ob die EU aus seiner Sicht an einem Demokratiedefizit leide. Nun muss man ja seinen politischen Ansichten nicht uneingeschränkt zustimmen, aber ein smarter Typ ist er sicherlich. Auf die oben genannte Frage antwortete er mit einem Vergleich. Die EU, so Varoufakis, leide nicht an einem Demokratiedefizit, denn das wäre, als wenn man auf dem Mond von einem Defizit an Sauerstoff sprechen würde. Der Mond habe aber kein Sauerstoffdefizit, denn:

 

Es gibt dort schlicht keinen Sauerstoff! („There is no oxygen, full stop.“)

 

 

Zudecken, schönreden und immer munter weiter funktioniert nur für einige Zeit.  Manchmal kann es notwendig sein, die Dinge ganz klar beim Namen zu nennen. Man kann zudem, um einmal mehr Harvey Mackay zu zitieren „… ein Problem erst dann lösen, wenn man zugibt, eins zu haben“. Warum dann an dieser Stelle nicht einmal externen Sachverstand hinzuziehen? Glücklicherweise sind wir ja auf der Erde und nicht auf dem Mond! Ich helfe gerne!