UND statt ABER


Kleine Veränderungen haben manchmal große Wirkung. Das gilt offensichtlich auch für Worte. In einem ihrer älteren Blockbeiträge, der nun anderen Orts wieder aufgewärmt wurde, beschäftigt sich Susan Ingram mit einer solchen kleinen Veränderung und der daraus resultierenden großen Wirkung. Konkret schlägt sie vor, in einem Streitgespräch bewusst das „aber“ durch ein anderes Wort zu ersetzen; nämlich durch ein „und“.

 

Typischerweise, so Ingram, laufen viele Streitgespräche nach einem festen Muster ab. Jede Seite reitet ihre Positionen, rauf und runter, immer wieder. Die Positionen der anderen Seite werden dabei regelmäßig mit einem „ja, aber …“ gekontert. Dieses „aber …“ ist für Ingram der Kern des Problems. Denn jedes „aber …“ bedeutet auch die direkte, ungefilterte Zurückweisung der Position der anderen Seite. „We are not valuing that person’s experiences and ideas and are just focusing on the point we want to make“.

 

Ist das so? Kommt die Wertschätzung der anderen Seite mit jedem “aber …” wirklich zu kurz und konzentrieren wir uns damit tatsächlich nur auf die eigene Position? Ich denke, dass da etwas dran ist. Denn so ein Streitgespräch ist ja in der Regel kein reiner Austausch von Argumenten, keine akademische Disziplin. Leo Montada bringt es, wie ich finde, auf den Punkt. Für ihn resultieren Konflikte nämlich insbesondere aus der Verletzung normativer Erwartungen, wobei sich diese wiederum in einem einzelnen Leitsymptom äußern: Empörung! Keine Empörung, kein Konflikt! So einfach ist das! Empörung ist wiederum Emotion pur, womit wir weit von einem nüchternen Austausch von Argumenten entfernt sind.

 

Aber zurück zu Ingram. Sie beschreibt, dass die streitenden Parteien aus ihrer Erfahrung heraus ein Streitgespräch, bei dem vermehrt ein „und“ statt eines „aber“ angebracht wird, völlig anders wahrnehmen. In diesem Falle erkennen beide Seiten das Gesagte der jeweils anderen eher an, wertschätzen das Gesagte der anderen Seite bereitwilliger. Leider gibt Ingram keine konkreten Beispiele für ihren Ansatz. Trotzdem erscheint er mir mindestens vom Gefühl her plausibel zu sein.

 

 

Aber UND ob ich da im Ernstfall dann auch dran denke? - Werden sehen!