Man stelle sich einmal vor, dass sich ein ganzes Land von heute auf morgen umstellen muss. Was man schon immer „links“ gemacht hat, soll das gesamte Kollektiv nun plötzlich „rechts“ tun. In Schweden ist genau das geschehen. Bereits vor 50 Jahren!
Dies und jenes „haben wir schon immer so gemacht!“ – das hat wohl jeder schon einmal gehört. Allen voran Azubis sowie neue Mitarbeiter in einem Unternehmen. Man kann das nun einfach so hinnehmen, sich also mit den Status Quo arrangieren, diesen hinterfragen, oder aber gleich und ohne jede weitere Prüfung komplett ablehnen. Und nein, dies ist kein Artikel mit erhobenem Zeigefinger und dem Hinweis: „Vorsicht, Konflikt!“.
Vielmehr möchte ich den Aspekt der Flexibilität zum Thema machen. Einer meiner Hochschullehrer, Professor Bernd Kaluza, hat sich in vielen seiner Publikationen mit dem Aspekt der Flexibilität beschäftigt. Zugegeben, als Wirtschaftswissenschaftler hat er dies naturgemäß primär aus betriebswirtschaftlicher Sicht getan. Aber ich finde seine Definition des Flexibilitätsbegriffs sehr hilfreich. Er definiert Flexibilität nämlich als „die Eigenschaft eines Systems proaktive oder reaktive sowie zielgerichtete Änderungen der Systemkonfiguration zu ermöglichen …“, um sich so an sich ändernde Umweltbedingungen anpassen zu können.
Wissenschaftler haben nun einmal den Hang zu möglichst präzisen und zuweilen nur schwer zugänglichen Begriffsbestimmungen. Wenn man es aber einmal etwas aufdröselt, dann erschließt sich der Sinn dieser Definition recht schnell. Was mein Hochschullehrer hier ganz allgemein ein System nennt, das kann beispielsweise ein Unternehmen, eine Abteilung dieses Unternehmens oder auch lediglich ein Team innerhalb einer Abteilung sein. Bleiben wir einmal beim Team als Beispiel für ein solches System. Dieses kann demnach proaktiv oder reaktiv auf Änderungen der Umwelt reagieren. Logisch! Zielgerichtet sollte es in jedem Falle handeln. Klar! Umwelt meint beispielsweise die nähere Arbeitsplatz- bzw. Raumsituation oder die Anzahl der Mitarbeiter im Team.
Ein gesundes Maß an Flexibilität ermöglicht es einem System (einem Team) also, sich an Änderungen in seiner Umwelt anpassen zu können. Was wäre eine solche Änderung der Umwelt? Ein neuer Mitarbeiter zum Beispiel, den es in das Team zu integrieren gilt. Oder ein neuer Azubi. Da ist auf allen Seiten Flexibilität gefragt! In diesem Sinne allen Newbies, allen Azubis und neuen Mitstreitern einen guten Start!
Und was haben die Schweden nun vor 50 Jahren von links auf rechts gedreht? Die Antwort ist einfach. Den Verkehr! Also die Straßenseite, auf der sie fahren wollten. Vor Urzeiten, weil das dort eben immer so gemacht wurde, fuhren die Schweden nämlich auf der linken Straßenseite. In einer komplexen Aktion krempelten sie das über Nacht um, und fahren seit 50 Jahren – also nunmehr quasi auch „immer schon“ – auf der rechten Seite, weil das eben ihre Nachbarn auch irgendwie schon immer so gemacht haben. Diese Aktion hat sicher allen Schweden ein gehöriges Maß an Flexibilität abverlangt. Sie haben für diese Umstellung übrigens auch gleich ein eigenes Wort kreiert: „Högertrafikomläggning“!