Position und Interesse - und warum die Unterscheidung und die Frage nach dem wirklichen "WARUM?" so wichtig ist.
Fisher und Ury stellen den Unterschied zwischen Positionen und Interessen in ihrem Buchklassiker „Getting to Yes“ an einem Beispiel sehr plastisch dar. Zwei Männer (A und B) streiten sich in einer Bibliothek sehr heftig darüber, ob ein Fenster an ihrem Leseplatz geöffnet werden oder aber geschlossen bleiben soll.
Eine Bibliothekarin kommt hinzu und fragt zunächst den einen Mann (A), warum er das Fenster öffnen möchte. Dieser antwortet: „Um frische Luft hinein zu lassen“. Daraufhin fragt sie den zweiten Mann (B), warum das Fenster geschlossen bleiben soll. Dessen Antwort lautet: „Um Zugluft zu vermeiden“. Die Bibliothekarin überlegt kurz, geht dann in einen Nebenraum und öffnet dort das Fenster. Sie sorgt so für frische Luft auch im Leseraum und vermeidet gleichzeitig das Entstehen von Zugluft.
Das ist, etwas bildhaft beschrieben, der wesentliche Unterschied zwischen Positionen (Fenster auf oder zu) und Interessen (frische Luft und die Vermeidung von Zugluft). Durch geschicktes Fragen gelang es also der Bibliothekarin, die hinter den Positionen verborgenen (wirklichen) Interessen der beiden Kontrahenten herauszufinden.
Adrian Schweizer, Coach und Mediationstrainer, bringt den Unterschied auf den Punkt. Positionen sind demnach Antworten auf folgende Fragen: Wo? Wann? Was? Dagegen sind Interessen die Antwort auf nur eine Frage:
"WARUM?"
Ich denke, dass Schweizer mit dieser kurzen Formel den Nagel auf den sprichwörtlichen Kopf trifft!
Im Übrigen bietet das Herausarbeiten der (zunächst) verborgenen Interessen die Chance auf eine Erweiterung des Lösungsraumes eines Konflikts. Im Ergebnis stehen damit schlicht mehr Lösungsoptionen zur Verfügung. Zudem kann schon allein in der Interessensorientierung ein Ausbruch aus verkrusteten Argumentationsmustern gesehen werden.
Hört sich von der Grundidee alles irgendwie einfach an, ist aber - wie so vieles im Leben - nicht eben leicht umzusetzen oder zu erkennen.