Konkurrenz versus Kooperation?

Ende Juni fand der 5. Hamburger Mediationstag statt. Als Teil dieser Veranstaltung hielt Dr. Klaus-Stephan Otto einen Vortrag zum Verhältnis von Konkurrenz und Kooperation. Er kam, zumindest wenn ich ihn richtig verstanden habe, zu dem Schluss, dass beides zusammengehört oder doch zumindest eng verbunden ist. Wie das? Und sollte nicht jeder Mediator ein Verfechter der Kooperation sein und Konkurrenz als konfliktträchtiges Element ablehnen?

 

Otto begründet seine These durch eine Gegenüberstellung der spezifischen Vor- und Nachteile der beiden scheinbaren Gegenpole. Als klarer Vorteil der Konkurrenz ist seiner Meinung nach insbesondere eine größere Dynamik im Vergleich zur Kooperation festzustellen. Dieses Plus an Dynamik geht allerdings auch mit einem höheren Ressourcenverbrauch – weil eine Abstimmung zwischen den Parteien nicht erfolgt – sowie im Extremfall dem Risiko der kompletten Vernichtung einher. Auf der gedanklichen Habenseite der Kooperation ist dagegen ein geringerer Ressourcenverbrauch festzuhalten, da die Aktionen der Parteien hier ja abgestimmt werden. Als Nachteil der Kooperation kann dagegen eine gewisse Starrheit bzw. ein Mangel an Flexibilität und Innovationskraft festgehalten werden. Dieser Nachteil ist wiederum einem mangelnden Innovationsdruck geschuldet und wäre damit systemimmanent.

 

Otto stellt dem Konkurrenzbegriff unter anderem den Leitsatz „Entwickle Spaß am Gewinnen und lerne zu verlieren“ zur Seite und betont auf diese Weise den vorhandenen (normativ) positiven Teil des Konkurrenzbegriffs. Während der Ruf nach einer möglichst umfänglichen Kooperation nicht zu hoch gehängt werden sollte, darf im gleichen Augenblick auch Konkurrenzverhalten kein Tabu sein. Denn sonst, so Otto, kommt es zu versteckter und damit destruktiver Konkurrenz unter den Parteien. Und die kann immensen Schaden anrichten und auch dem besten Mediator schlaflose Nächte bereiten.

 

Kooperation ist im Übrigen nicht per se als positiv zu werten. Otto verweist in diesem Zusammenhang unter anderem auf das Beispiel von Nazi-Deutschland, in dem in der Zeit von 1933 bis 1945 sicherlich mehr „kooperiert“ wurde als jemals zuvor oder danach. Es kommt also auf einen Ausgleich von Kooperation und Konkurrenz bzw. auf deren steten Wechsel an. Und auf eine menschenfreundliche Grundhaltung der Akteure bzw. den jeweiligen Kontext.

 

Kurz: Konkurrenz und Kooperation sind zwei Seiten einer Medaille. Sie gehören zusammen! So wie Yin und Yang (TCM), Rot und Schwarz (Stendhal), Asanas und Savasana (Yoga) oder Love and Marriage (Sinatra). Letzteres jetzt ja nun endlich auch für alle!

 

Ich denke, dass der These Ottos zuzustimmen ist. Wie sehen sie das? Ich bin gespannt auf Ihre Meinung!